Frank Döderlein arbeitet seit 2019 für Projekte und Organisationen im Bereich gemeinschaftliches Wohnen, Cohousing und für Schulen in Freier Trägerschaft. Er ist Banker, Diplomkaufmann und zertifizierter Mediator und bietet Beratung für selbstverwaltete Gruppen & Initiativen, Vereine, Genossenschaften, kooperativ arbeitende Unternehmen & Behörden sowie Menschen mit guten Ideen an.
Ein Bankdarlehen zur Projektfinanzierung aufnehmenWas ihr beachten solltet

Einführung
„Lieber 1000 Freund*innen im Rücken als eine Bank im Nacken” ist unserer Meinung nach ein veralteter Spruch. Heute sollten Wohnprojekte viele Freund*innen und eine der vielen grundsätzlich positiv eingestellten Banken im Rücken haben, denn ein Bankdarlehen ist nach wie vor der zentrale Bestandteil der meisten Wohnprojekt-Finanzierungen. Ebenso gilt es Kenntnisse darüber zu haben, welche Rahmenbedingungen ein Bankdarlehen üblicherweise hat und welche unterschiedlichen Phasen eine Kreditanfrage bei einer Bank durchlaufen.
Bevor ihr mit einer Bank Kontakt aufnehmt und einen Termin vereinbart, solltet ihr verstehen, wie eine Bank „tickt“ und welche Unterlagen sie benötigt. Banken haben bestimmte Anforderungen und wünschen sich so viel konkrete Projektreife und Klarheit zum Projekt wie möglich. Das beinhaltet zum Beispiel einen gesicherten Standort, Kostenklarheit von dazugehörigen Flächen und dass eine Entscheidung zur Rechtsform gefallen und diese vorbereitet ist.
Wichtige Unterlagen für den Kreditantrag
Unterlagen für den Kreditantrag sollten nicht kurz vor knapp bei der Bank eingereicht werden, sondern so früh wie möglich im Prozess. Und es empfiehlt sich auch einen ersten Schwung wichtiger Unterlagen an die Banken zu geben, sobald diese vorliegen. So kennt die Bank das Vorhaben und den Träger schon, hat das Projekt ggf. auch schon im System erfasst und weiß, dass demnächst weitere Unterlagen kommen. Es wird aber auch Banken geben, die diese Vorgehensweise nicht bevorzugen und gern alles auf einmal haben wollen.
Unten haben wir die Unterlagen aufgelistet, die den Banken in der Regel übermittelt werden müssen, damit diese über ein Darlehen positiv entscheiden können. Bei den Unterlagen sind wir von dem Fall ausgegangen, dass ein Wohnprojekt sich erst neu gegründet hat und ein Objekt erwirbt, bei dem umfangreiche Baumaßnahmen durchgeführt werden müssen. Einige dieser Unterlagen werden selbstverständlich nicht benötigt (wie z.B. der Kaufvertrag), wenn das Wohnprojekt schon länger existiert und “nur” eine Finanzierung für die energetische Sanierung benötigt wird.
Die Unterlagen im Einzelnen
Eine Beschreibung des Wohnprojekts hilft der Bank zu verstehen, um was es genau geht. In der Regel sind die Wohnprojektträger erst vor Kurzem gegründet, die Bank kennt keine der Beteiligten genau und auch das Objekt wird die Bank noch nicht kennen. Somit gilt es, der Bank ein möglichst genaues Bild über das Vorhaben zu vermitteln, damit diese das (möglichst geringe) Risiko für den noch jungen Träger oder das neue Projekt gut einschätzen kann. Diese Beschreibung kann auf einer DINA4-Seite geschehen, kann aber auch über eine 20-seitige Imagebroschüre bis hin zu einem professionellen Geschäftsplan mit Verweis auf eine Homepage mit Imagefilm führen. Wir empfehlen eine möglichst professionelle, aber dennoch authentische Darstellung des Wohnprojekts.
Sollte noch kein Vertrag oder Entwurf vorliegen, muss unter Umständen erst einmal ein Exposee reichen, sofern es dieses gibt (z.B. durch das Maklerbüro).
Flurkarten sind einheitliche und maßstäblich genaue Darstellungen aller Grundstücke sowie Gebäude eines Flurstücks. Neben der Nutzungsart (wie z.B. Bauland) sind in der Flurkarte auch die exakten Grenzen abgebildet. Flurkarten können von jedem eingesehen und bestellt werden.
Der aktuelle Grundbuchauszug wird vom/von der Eigentümer*in zur Verfügung gestellt.
Im Baulastenverzeichnis werden die öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen gegenüber der Baubehörde geführt, die zu dem jeweiligen Grundstück existieren. Der Auszug sollte in der Regel vom/von der Eigentümer*in bestellt werden. Die Führung des Baulastenverzeichnis unterscheidet sich je nach Bundesland/Gemeinde/Landkreis/Stadt. Im Freistaat Bayern gibt es keine Baulastenverzeichnis, da Baulasten hier im Grundbuch vermerkt sind.
Die DIN277 regelt die Ermittlung der Grundflächen und der Rauminhalte des Bauwerks und der Grundflächen des Grundstücks. Im Neubau ist diese Flächenberechnung fester Bestandteil für die Banken. Bei Altbauten kann ggf. darauf verzichtet werden.
Die Berechnung der Baukosten wird in der Regel von den Architekt*innen nach dieser DIN-Vorschrift aufgestellt und unterteilt. Aufgrund des einheitlichen Aufbaus können Banken sich so schnell einen Überblick über die Kostengruppen verschaffen und auch eine Vergleichbarkeit zu anderen Bauprojekten herstellen.
Auch diese Unterlagen werden in der Regel vom/von der Architekten*in zusammengestellt und können nach Umfang und Detaillierungsgrad im Laufe des Prozesses mit der Bank angepasst werden. So reicht bei der erstmaligen Vorstellung des Projekts vielleicht nur eine grobe Baubeschreibung, die im weiteren Verlauf je nach Anforderung der Bank um weitere Details ergänzt wird.
Eigenleistung stellen für manche Projekte einen wichtigen Bestandteil in der Reduzierung von Ausgaben dar. Deswegen ist es wichtig, der Bank möglichst plausibel die Höhe der Eigenleistungen darzulegen. Wenn dies nicht schon im Rahmen der Kostenberechnung nach DIN 276 geschehen ist, empfiehlt sich eine separate Aufstellung gemeinsam mit dem Architekturbüro.
Vor allem ökologisch ausgerichtete Banken legen bei der Sanierung von Bestandsimmobilien häufig Wert darauf, dass bestimmte energetische Standards eingehalten werden. Daher ist es ratsam, frühzeitig die spezifischen Anforderungen für die Kreditvergabe zu erfragen und diese gemeinsam mit den Architekt*innen in den Sanierungsplan zu integrieren.
Sollte es kurzfristig schwierig sein, die Anforderungen der Bank zu erfüllen, könnte eine alternative Vorgehensweise erwogen werden. Möglicherweise akzeptiert die Bank, dass beispielsweise der geforderte KfW-Energieeffizienzwert in den ersten drei Jahren noch nicht erreicht wird, dies aber im Rahmen weiterer Sanierungen in den Jahren vier bis sechs nachgeholt wird. Diese späteren Maßnahmen würden zwar noch nicht im Detail geplant werden, jedoch in der Wirtschaftlichkeitsberechnung grob für die Jahre vier bis sechs berücksichtigt, um die grundsätzliche Finanzierbarkeit darzustellen. Ggf. bedarf es dann eines weiteren Darlehens oder weiteren Eigenkapitals.
Die Bank geht bei ihrer Bewertung unter anderem davon aus, wie viele Quadratmeter vermietbarer Raum vorhanden sind. Dieser muss in der Regel nach der Wohnflächenverordnung (WoFlV) ermittelt werden.
Wenn noch nicht in der Projektbeschreibung ein Foto eingefügt wurde, dann sollte die Gruppe noch eins extra hinzufügen.
Ein Bankdarlehen wird auf Basis verschiedener Parameter vergeben. Dabei spielen auch die beteiligten Personen eine wichtige Rolle. Damit rasch gegenseitiges Vertrauen aufgebaut werden kann und Bilder manchmal mehr sagen als Worte, kann es sinnvoll sein, Fotos der Gruppe bzw. der einzelnen Beteiligten beizufügen. Am besten werden die Fotos in die Beschreibung des Wohnprojekts integriert.
Es müssen nicht zwangsläufig vollständige Kurzlebensläufe der handelnden Personen beigefügt werden, wie es bei Jobbewerbungen üblich ist. Für die Bank ist es vor allem wichtig zu wissen, dass das Geld in vertrauenswürdigen Händen liegt. Daher sollten vorrangig die Kompetenzen und Ressourcen der beteiligten Personen hervorgehoben werden, die idealerweise den Anforderungen eines typischen Wohnprojekts entsprechen (wie bauliche, finanzielle, gemeinschaftliche, marketingrelevante und rechtliche Fähigkeiten). Dazu gehört auch die Vorstellung der Berater*innen, Architekt*innen und anderer zentraler Partner*innen des Projekts. Manche Banken setzen zudem eine Projektsteuerung oder Projektleitung voraus. All diese Punkte können auch schon in der Projektbeschreibung aufgeführt sein.
Je nach Rechtsform ist für die Bank auch die Satzung, der Gesellschaftervertrag, etc. interessant.
Ein aktueller Registerauszug bietet weitere wichtige Informationen für die Bank.
Je nach Rechtsform werden in der Regel diese Dokumente der letzten beiden Jahre verlangt. Das entfällt natürlich, wenn der Rechtsträger gerade erst frisch gegründet ist.
Es ist nicht immer der Fall, aber einige Banken verlangen sogenannte betriebswirtschaftlichen Auswertungen (BWA) auf monatlicher Basis.
Mit der Wirtschaftlichkeitsberechnung überprüfen die Banken, ob das Projekt unter den bekannten Fakten und angenommenen Planungsparametern wirtschaftlich tragfähig sein wird. Dabei müssen die Einnahmen zum Zeitpunkt der Vollvermietung (in der Regel nach Fertigstellung des Baus) höher ausfallen als die Ausgaben, um eine positive Liquidität sicherzustellen. Darüber hinaus muss das Projekt auch ausreichende Gewinne erwirtschaften, um den Anforderungen aus der Bilanz- und/oder GuV-Sicht gerecht zu werden. In der Regel stellen Banken eigene Excel-Tabellen und Abfrageformulare für die Wirtschaftlichkeitsberechnung zur Verfügung.
Es wird jedoch empfohlen, dass jedes Projekt unabhängig von den Vorgaben der Bank einen eigenen mehrjährigen Finanzplan aufstellt, basierend auf eigenen Parametern (zum Beispiel mit der Finanzplanvorlage der Stiftung trias für Fortgeschrittene Nutzer*innen). Dies ermöglicht es, gegenüber der Bank gegebenenfalls eigene Annahmen durchzusetzen.
Hier sind vor allem die Fördermittelbedingungen und Fördermittelbescheide vorzulegen, sofern diese schon vorliegen.
Mit den Buchhaltungsunterlagen (siehe Punkt “Jahresabschlüsse Finanzberichte/Einnahmen-Überschussrechnung”) lässt sich den Banken gut nachweisen, wie viel Eigenkapital bereits auf den Konten des Wohnprojektträgers vorhanden ist.
Falls Nachrangdarlehensgeber*innen bereits Absichtserklärungen oder Verträge unterzeichnet, aber den Darlehensbetrag noch nicht überwiesen haben, sollten entsprechende Listen bei der Bank eingereicht werden. Diese Listen sollten Angaben wie Darlehensgeber*in, Darlehensbetrag, Zinssatz, jährliche Zinszahlungen und Tilgungsraten enthalten. Gegebenenfalls sollte auch ein Mustervertrag beigefügt werden. Einige Banken verlangen zudem eine Aufstellung der bereits eingezahlten und noch ausstehenden Nachrangdarlehen, um einen Überblick über die Laufzeiten sowie die geplanten Zins- und Tilgungszahlungen für ihre eigenen Berechnungen zu erhalten. Analog gilt dies auch für andere Darlehen (wie Mitgliederdarlehen nach §21b GenG).
In der Regel müssen nicht alle bereits abgeschlossenen oder zukünftigen Mietverträge eingereicht werden. Der Bank genügen plausible Annahmen über die zukünftige Vermietung und die unausgefüllten Blankomietverträge des Wohnprojektträgers.
Da Banken sicherheitsorientiert agieren, werden auch zu einem bestimmten Zeitpunkt Versicherungsnachweise vom Wohnprojekt eingefordert. Diese liegen - je nach Projekt - am Anfang des Prozesses mit der Bank noch nicht vor. Bauleistungsversicherung, Bauhelfer-Unfallversicherung, Feuer-Rohbau-Versicherung bzw. Wohngebäudeversicherung sowie die Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht können ggf. seitens der Bank je nach Projektstand gefordert werden.
Phasen der Bankenfinanzierung
Nachdem die Bank zum Teil intensive Vorgespräche mit der Projektgruppe geführt und die Unterlagen des Projekts erhalten hat bzw. die Projektgruppe eine Darlehensanfrage gestellt hat, erfolgt eine erste Projektprüfung. Bei diesem Schritt überprüft die Bank die eingesandten Unterlagen und erstellt eine interne Kalkulation des Projekts mit der Finanzierungsstruktur des Vorhabens, einer vorläufigen Wertermittlung und einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung. Wenn einzelne Punkte seitens der Bank negativ betrachtet werden, folgenden in der Regel zwischen Bank und Projektgruppe Gespräche in denen einzelne Parameter angepasst werden, wenn dies möglich ist (z.B. Baukosten, Miethöhe, etc.).
Im nächsten Schritt erhält die Projektgruppe nach positiver Prüfung einen Finanzierungsvorschlag mit den Konditionen, Nebenbedingungen der Finanzierung und weiteren Informationen.
Es folgt danach ein Darlehensbeschluss. Dieser Beschluss ist ein interner Vorgang in der ausgewählten Bank und geschieht auf Grundlage abschließender Risikobetrachtungen der Bank und wird durch die notwendigen Bankgremien genehmigt.
Nach der Genehmigung erstellt die Bank einen Darlehensvertrag, der dann gemeinsam unterzeichnet wird. Der Darlehensvertrag beinhaltet u.a. Sicherungsvereinbarungen, Grundschuldbestellungs- und/oder Abtretungsunterlagen. Er stellt das zentrale Dokument in der langfristigen Zusammenarbeit zwischen der Bank und der Projektgruppe dar.
Eine der wichtigsten Phasen ist die darauffolgende Auszahlungsphase, die oft bis zu oder über zwei Jahre dauert. In dieser Phase prüft die Bank die vertragskonforme Verwendung des Darlehens, die Sicherheiten und den aktuelle Baufortschritt oder Bautenstand.
Rahmenbedingungen der Wohnprojekt-Finanzierung
Banken geben bei der Vergabe von Darlehen bestimmte Rahmenbedingungen für die Finanzierung von Wohnprojekten vor.
So dauert zum Beispiel der Sollzinsbindungszeitraum in der Regel fünf bis zehn Jahre. Die Darlehenslaufzeit kann projektabhängig bis 35 und mehr Jahren betragen. Hinzu kommen bei manchen Banken eine optionale Sondertilgungsmöglichkeit inkl. Ratenreduzierung, eine bereitstellungszinsfreie Zeit sowie ein kostenfreier Verzicht auf eine vereinbarte Baukostenreserve. Diese Konditionen sollten im Gespräch mit der Bank geklärt werden. Ebenso gilt es zu klären, inwiefern und welche Förderdarlehen gesichert und eingebunden werden können. Auch ist es oftmals möglich, ein Baukonto und ein Betriebs-/Mietkonto sowie ein Rücklagenkonto zusätzlich zum Darlehen bei der ausgewählten Bank zu führen.
Nach diesen Kriterien entscheiden die Banken
Banken haben verschiedene Entscheidungskriterien, nach denen sie eine Darlehensanfrage prüfen und letztendlich ablehnen oder einen Finanzierungsvorschlag machen. Oftmals spielen folgende Faktoren eine Rolle:
- die Bonität bzw. Kreditwürdigkeit des Wohnprojektträgers,
- die Höhe der notwendigen Miete im Vergleich zur vergleichsüblichen Marktmiete,
- der Beleihungswert des Objekts,
- der Höhe des Eigenkapitals sowie
- die langfristige Tragfähigkeit des Projekts.
Einige Banken haben außerdem noch zusätzliche Kriterien und bewerten zum Beispiel die soziale, ökologische und/oder nachhaltige Ausrichtung des Projekts.

