Beatrice Nolte arbeitet als Rechtsanwältin in Berlin.
Die (eingetragene) Gesellschaft bürgerlichen RechtsCharakteristika der GbR/ eGbR im Überblick

Einführung
Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) besticht zunächst durch ihre einfache und kostengünstige Gründung ohne nennenswerte formale Hürden. Es ist kein Mindestkapital zur Gründung erforderlich. Gesetzlich geregelt ist die GbR in den §§ 705 ff. BGB. Dabei sind nur wenige der Bestimmungen zwingend einzuhalten, sodass ein großer Gestaltungsspielraum besteht. Seit dem 1. Januar 2024 kann die GbR in das Gesellschaftsregister eingetragen werden. Pflicht ist die Eintragung allerdings für eine GbR, die ein Recht im Grundbuch eingetragen haben will. Dies gilt somit für alle neu gegründeten Wohnprojekt-GbRs, die Eigentümerin des Grundstücks werden sollen. Die Eintragung ist durch den Zusatz eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts (eGbR) nach außen kenntlich zu machen. Die Registerfähigkeit soll praktische Erleichterungen für die Gesellschafter*innen, aber auch für den Rechtsverkehr bringen. Sie bedeutet dabei gleichzeitig einen für die GbR bisher unbekannten laufenden Aufwand.
Die GbR als Rechtsform für Wohnprojekte
Für Wohnprojekte eignet sich die GbR sowohl als vorläufige als auch als endgültige Rechtsform, wobei dies zu sehr unterschiedlichen Ausgestaltungen führt. Wesensmerkmal der GbR ist zunächst eine gemeinsame Zweckverfolgung der Mitglieder. Anders als beim eingetragenen Verein kann dieser Zweck bei der GbR auch rein wirtschaftlich ausgerichtet sein.
Als Personengesellschaft ist die GbR auf die persönlichen Bedarfe ihrer einzelnen Mitglieder zugeschnitten. Mit den Änderungen durch das MoPeG zum 1. Januar 2024 sieht das Gesetz nicht mehr grundsätzlich die Auflösung der Gesellschaft bei Kündigung, Tod oder Insolvenz eines Mitglieds vor. Damit ein Wechsel im Bestand der Gesellschafter*innen der GbR leicht möglich ist, sollte der Gesellschaftsvertrag hierzu dennoch klare Regelungen treffen.
Der Gesellschaftsvertrag kann grundsätzlich formfrei und sogar mündlich geschlossen werden. Zur Vermeidung von Streitigkeiten und zu Beweiszwecken empfiehlt sich jedoch stets die Schriftform. Auch muss, soweit die GbR auch Eigentümerin der Immobilie werden soll, die Pflicht zu einer notariellen Beurkundung des Vertrags geprüft werden. Die Beurkundungspflicht tritt dann durch den Grundstücksbezug häufig ein, zwecks der Beratungs- und Warnfunktion der Beurkundung (vgl. § 311b BGB). Gerade weil die Rechtsform GbR einen weiten Gestaltungsspielraum bietet, empfiehlt es sich, den Vertrag von spezialisierten Rechtsanwält*innen gestalten zu lassen. Dadurch kann sichergestellt werden, dass alle bedeutsamen Regelungen dem Willen der Projektteilnehmer*innen entsprechend festgelegt werden und der Gestaltungsspielraum voll ausgeschöpft werden kann. Dies gilt umso mehr, da das Recht der GbR zum 1. Januar 2024 tiefgreifend modernisiert wurde und sich hieraus der Regelungsbedarf im Gesellschaftsvertrag geändert hat.
Entscheidungsfindung
Die Rechtsform der GbR ist insgesamt vom Leitgedanken der Einstimmigkeit geprägt. Jede Abweichung hiervon ist im Gesellschaftsvertrag festzulegen. Außerdem steht sowohl die Geschäftsführungsbefugnis als auch die Vertretungsmacht den Gesellschafter*innen nur gemeinsam zu, soweit der Gesellschaftsvertrag hier keine abweichende Regelung trifft. In der Praxis werden die Geschäftsführungsbefugnis und die Vertretungsmacht häufig auf einen kleinen Personenkreis oder auf eine Person aus der Mitte der Gesellschafter*innen übertragen.
Der Grundgedanke der Einstimmigkeit macht die GbR jedoch auch zu einer anstrengenden Rechtsform. In Fällen, in denen bei einer auf Dauer angelegten GbR mehr als acht bis zwölf Gesellschafter*innen – bei Mietprojekten mehr als rund 15 Personen – teilnehmen wollen, ist sie meist nicht mehr die geeignete Gesellschaftsform.
Da Kreditinstitute die wirtschaftlichen Verhältnisse ihrer Kreditnehmer*innen jährlich prüfen müssen, wird man bei der Finanzierung einer auf Dauer bestehenden GbR, die Eigentum erwirbt, in der Regel schon bei mehr als fünf Gesellschafter*innen Schwierigkeiten in der Verhandlung mit Banken bekommen. Ob sich hier durch die nun eindeutig festgelegte Rechtsfähigkeit der GbR etwas verbessert, bleibt noch abzuwarten. Für die überschaubare Zeit (ein bis zwei Jahre) einer Bauplanungs- und Bauherren GbR akzeptieren die Banken den Mehraufwand, den sie mit der Bearbeitung haben.
Haftung
Neben der GbR selbst, die mit dem Gesellschaftsvermögen haftet, haftet jedes GbR Mitglied persönlich und unbeschränkt mit seinem Privatvermögen für die Verbindlichkeiten der GbR. Auch dieser Umstand ist nur bei einer überschaubaren Gruppe und guter Kenntnis der Gruppenmitglieder untereinander denkbar.
Eine Haftungsbeschränkung ist zwar inhaltlich möglich, sie muss jedoch mit allen Vertragspartner*innen einzeln vereinbart werden. Eine GbR „mit beschränkter Haftung“ gibt es weiterhin nicht. Lediglich für die Bauherrengemeinschaft, die auf die gemeinsame Errichtung eines Gebäudes und die Bildung von Wohnungseigentum ausgerichtet ist, hat die Rechtsprechung – entgegen dem Gesetzeswortlaut – eine Beschränkung der Haftung entwickelt. Für Baukosten haften hier die einzelnen Gesellschafter*innen (bisher) in der Regel nur anteilig in Höhe ihres Gesellschaftsanteils.
Scheiden Gesellschafter*innen aus und wird dies im Gesellschaftsregister eingetragen, kann nun rechtssicher der Lauf der regelmäßigen Fünfjahresfrist für die Beschränkung der Nachhaftung der ausgeschiedenen Gesellschafter*innen in Gang gesetzt werden. Soweit die Eintragung im Gesellschaftsregister erfolgt, kommt es damit auf die positive Kenntnis der Gläubiger*innen seit dem 1. Januar 2024 nicht mehr an.
Zwecksicherung
Wenn es bei einem Wohnprojekt auch um einen ideellen Zweck geht, stellt sich für die Gruppe stets die Frage, wie dieser auch über die Gründungsphase hinaus gesichert werden kann. Bei einer GbR können die Ziele im Gesellschaftsvertrag festgelegt werden.
Klare Regelungen sollten insbesondere für das Ausscheiden und die Ablösung von Gesellschafter*innen sowie die Auflösung der GbR getroffen werden. Die rechtliche Durchsetzbarkeit wertbegrenzender Abfindungsklauseln für ausscheidende Gesellschafter*innen ist umstritten, vor allem wenn eine Teilungsversteigerung droht. Der Gesellschaftsvertrag kann zudem jederzeit – wenngleich nur einstimmig – geändert werden, es sei denn, der Vertrag sieht andere Mehrheiten vor. Vielen ideell geprägten Gruppen ist daher die Sicherung der Ziele und der Schutz vor der Privatisierung von eingebrachten Leistungen, Arbeit und Mithilfe nicht stark genug. In diesem Fall kann noch über die Aufnahme von „neutralen Dritten“ – zum Beispiel ein Verein oder eine Genossenschaft – als Miteigentümer*in und „Hüter*in der Projektidee“ nachgedacht werden.
Anwendungshinweise
Die GbR kann sich mit Blick auf alle drei Grundformen von Wohnprojekten eignen.
Oft wird die GbR nur als vorläufige Rechtsform gewählt, die sich eine Baugruppe für die Planungs- und Bauphase gibt. Diese wird nach Fertigstellung des Gebäudes mit der Aufteilung des Wohneigentums aufgelöst. Die Auflösung hat seit dem 1. Januar 2024 nach vorgeschriebenem Liquidationsverfahren zu erfolgen. Die grunderwerbssteuerlichen Konsequenzen des MoPeG für den Übergang von der Bauherren GbR zur WEG waren zur Drucklegung der Broschüre nicht endgültig geklärt. Bis Ende 2024 bleibt dieser Eigentumsübergang dank einer Interimsregelung weiterhin befreit von der Grunderwerbssteuer. Es ist zu hoffen, dass der Gesetzgeber bis dahin wieder eine rechtssichere Befreiung von einer doppelten Grunderwerbsteuer schaffen wird.
Im Gesellschaftsvertrag sind genaue Regelungen zur Vertretung der Gruppe und deren Entscheidungsmechanismen gegenüber Architekt*innen, Banken und Handwerksbetrieben erforderlich.
Die eGbR kann als endgültige Rechtsform genutzt werden. In der Regel eignet sie sich hier allerdings nur bei kleineren Gruppen (Finanzierungs- und Haftungsproblematik).
Diese Rechtsform findet für die Kooperation mit Vermieter*innen etc. Anwendung.
Rechtsfähigkeit und Eintragung der GbR
Die GbR kann in unterschiedlichen Gestaltungen auftreten. Soweit die GbR nach dem Willen der Gesellschafter* innen nach außen auftreten soll, handelt es sich um eine rechtsfähige GbR.
Die nicht rechtsfähige GbR ist nur für die Ausgestaltung der internen Rechtsverhältnisse der Gesellschafter *innen untereinander geeignet. Sie kann wegen der fehlenden Rechtsfähigkeit auch kein eigenes materielles Vermögen haben.
Die rechtsfähige GbR kann in das Gesellschaftsregister eingetragen werden. Die Eintragung ist grundsätzlich freiwillig. Allerdings kann nur für eine eingetragene GbR ein Recht im Grundbuch eingetragen werden. Damit ist die Eintragung für vermögensbildende Wohnprojekt GbRs faktisch Pflicht.
Zusammenfassung zur Rechtsform (e)GbR (auch: BGB-Gesellschaft)
Nach §§ 705-740c BGB n.F.
- Zweck: Jeder gesetzlich zulässige
- Gestaltungsorgan: Gesellschafterversammlung
- Handlungsorgan: Alle Gesellschafter*innen, soweit nicht die Geschäftsführung einem oder mehreren Gesellschafter*innen übertragen ist
- Stimmrechte: Nach dem vereinbarten Beteiligungsverhältnis oder nach Köpfen
- Abstimmungsprinzip: § 714 BGB sieht das Einstimmigkeitsprinzip vor. Hiervon kann im Vertrag abgewichen werden
- Haftung der Einzelnen: Voll, also auch mit Privatvermögen gemäß § 721 BGB neue Fassung

